Ein schlechter Tag für Deutschland und Europa

Das war ein schlechter Tag für Deutschland und Europa.

 

Das sieht die GEAS-Reform vor

Die von den europäischen Regierungschef*innen und Innenminister*innen geplante Verschärfung des Asylrechts ist ein Akt der Unmenschlichkeit.

Beispiel Eins: Auch Kinder sollen zukünftig an den EU-Außengrenzen inhaftiert werden können. Grenzverfahren. Sie sind das Ende des von der EU garantierten Menschenrechts auf Asyl und der in unserer Verfassung garantierten Einzelfallprüfung jedes Asylantrags.

Denn während dieser geplanten Grenzverfahren werden Menschen in Lager gesperrt, bekommen nur eingeschränkten Zugang zu rechtlicher Beratung und nur unzureichende medizinische Betreuung. Das Ergebnis: Während durchschnittlich 80% der in Deutschland gestellten Asylanträge angenommen werden, ist es bei Flughafenasylverfahren nur ein wesentlich geringerer Teil. Auch offensichtlich legitime Asylanträge werden also abgelehnt. Unbemerkt von der Öffentlichkeit, die keinen Zugang zu den Verfahren hat und von ihnen, weil sie vor den Toren der EU stattfinden, auch kaum etwas mitbekommen kann. Das wird zukünftig europäischer Standard.

Und es betrifft – und das ist wichtig! – nicht nur Menschen, die aus vermeintlich “sicheren Herkunftsländern” zu uns kommen. Auch Menschen aus Afghanistan, Syrien oder dem Iran können in Haftlager an den Außengrenzen eingesperrt und von dort unbemerkt abgeschoben werden.

Beispiel Zwei: Ziel der Asylrechtsreform war es, dass alle EU-Staaten sich an der Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten beteiligen. Die Einigung aber bedeutet das Gegenteil: Länder wie Ungarn oder Italien müssen auch zukünftig keinen schutzsuchenden Menschen helfen, sondern können sich mit der Reform “freikaufen”. Wofür ihr Geld verwendet werden soll? Für die libysche Küstenwache, die für illegale Pushbacks, das Erschweren der Seenotrettung und damit für das Sterben auf dem Mittelmeer erheblich mitverantwortlich ist.

Das Sterben auf dem Mittelmeer wird mit der Reform also nicht, wie von der Bundesregierung eigentlich versprochen, beendet – im Gegenteil: Es bleibt EU-zertifiziert und wird EU-finanziert.

 

Ein schlechter Tag für Europa

Europa hat uns allen historische Errungenschaften gebracht. Doch statt darauf aufzubauen, reißt die EU sie systematisch ein. Denn genau das bedeutet der Asylkompromiss. Wenn die EU die Menschenrechte nicht an ihrer Außengrenze verteidigt, kann sie Menschlichkeit auch nicht nach innen leben. Wenn sie zulässt, dass die Rechtsstaatlichkeit in Asylverfahren eingeschränkt wird, kann sie die auch noch von ihren Mitgliedsstaaten glaubhaft einfordern. Und auch den Kampf gegen die Klimakrise, nach der Sicherung des innereuropäischen Friedens eigentlich DIE nächste historische Aufgabe der EU, kann sie nicht gewinnen, wenn sie die internationale Solidarität mit dem globalen Süden rücksichtslos aufkündigt.

Wie will die EU ein Friedensprojekt sein, während ihre Asylpolitik eine Kriegserklärung an Menschen in Not ist?

 

Deutschlands Zustimmung ist unverantwortlich

Dass Deutschland all das mitmacht, macht mich dabei übrigens richtig wütend. Denn gerade der deutsche Staat muss doch werteorientiert agieren. Es ist die Existenzberechtigung der Bundesrepublik, die Menschenwürde zu ihrem gesellschaftlichen Fundament und Leitgedanken ihres politischen Handelns zu machen. Aber davon kann bei diesem Asylkompromiss wirklich keine Rede mehr sein.

Olaf Scholz, Nancy Faeser: Stoppt diesen Asylkompromiss! Es ist noch nicht zu spät, das Richtige zu tun. Lasst uns das Menschenrecht erkämpfen. Lasst uns Europa endlich werteorientiert denken und die EU entsprechend neu erfinden!

Denn in einer Welt, in der Autokratien an Bedeutung gewinnen und internationales Recht immer öfter in Zweifel gezogen wird, hätte es genau das Gegenteil dieses Kompromisses gebraucht: Ein bedingungsloses Bekenntnis zum Menschenrecht. DAS ist unsere Existenzberechtigung in der internationalen Politik. DAS hätte uns vom globalen Rechtsruck unterscheidbar gemacht.

Wie gesagt: Noch ist es nicht zu spät, das Richtige zu tun.

 

Doch bis dahin war das gestern ein schlechter Tag für Deutschland und Europa.