Wegen der Corona-Krise haben viele Studierende ihre Jobs verloren – und damit ihre Lebensgrundlage. Bildungsministerin Karliczek will ihnen zinslose Darlehen gewähren. Die SPD hat nun zähneknirschend zugestimmt. Gleichzeitig wird das BaföG geöffnet und Studierende bekommen mit ihm eine längere Perspektive.
Kellner in der Kneipe, Helferin bei Veranstaltungen oder DJane im Club – alles Jobs, die es durch die Corona-Einschränkungen gerade nicht gibt. Besonders Studierende sind davon betroffen. Das sorgt laut dem Bundesbildungsministerium dafür, dass viele von ihnen in finanzielle Notlagen geraten. Wie ihnen zu helfen ist, das war in der Großen Koalition bislang umstritten. Doch nun scheinen sich Union und SPD geeinigt zu haben. Eine Ausweitung beim BAföG, wie es die SPD gefordert hatte, soll dabei aber keine Rolle spielen. Stattdessen wird es wohl auf zwei Instrumente hinauslaufen: Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios hat sich Bildungsministerin Anja Karliczek mit ihrer Idee durchgesetzt, den Studierenden kurzfristig Überbrückungskredite anzubieten. Dafür soll die KfW-Bank zuständig sein.
Bis zu 650 Euro monatlich als Überbrückungskredit
Maximal 650 Euro pro Antragsteller soll es bis einschließlich März 2021 pro Monat geben. Zunächst sollen die Kredite zinsfrei sein und auch ausländischen Studierenden offen stehen. Anträge dafür könnten die betroffenen Studierenden schon ab dem 8. Mai stellen. Erste Gelder sollen dann ab dem 1. Juni auf den Konten sein – so zumindest die Planungen im Ministerium.
Weil die SPD einer reinen Kreditlösung wohl nicht zugestimmt hätte, will der Bund zusätzlich rund 100 Millionen Euro in die Notfonds der Studierendenwerke einzahlen. Dort können sich Studierende melden, die nachweisen können, dass sie auf Hilfe angewiesen sind und es für ihre Problem keine andere Lösung gibt.
Jan Bühlbecker: Ideologischer Widertand der Ministerin ist realitätsfern
Finanziert werden soll das ganze zunächst aus nicht abgerufenen BAföG-Mitteln. Einzelheiten will Karliczek am frühen Vormittag bekanntgeben. Klar ist: Die SPD hat dieser Einigung nur zähneknirschend zugestimmt. Die Sozialdemokraten sind aber froh, eine reine Kreditlösung verhindert zu haben. Für die SPD stehe aber im Vordergrund, dass Studierende, die unverschuldet in Not gekommen seien, auf einfachem Weg einen Zuschuss für ihren Lebensunterhalt erhalten könnten.
Für die SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld begrüßt Jan ühlbecker dies dementsprechend: „Die SPD hat in der Bundesregierung unkomplizierte Hilfen zur direkten finanziellen Unterstützung der Studierenden durchgesetzt, niemand der studiert wird so kurzfristig in finanzielle Not geraten. Das ist wichtig und es war notwendig in kurzer Zeit eine Lösung zu finden. Dennoch ist es schade, dass der ideologischer Widerstand von Bildungsministerin Karliczek, der realittsfern ist, eine weitreichendere Einigung verhindert hat, denn letzendlich fördert die Kreditlösung neuen Bildungsklassismus, weil Studierende aus einkommensschwachen Familien so besonders unter Druck gesetzt werden. Die Notfonds, die die SPD durchgesetzt hat, werden dies hoffentlich auffangen können. Aber klar ist: Hierüber wird nach der Krise zu reden sein und die Ministerin wird sich verantworten müssen.“
BaföG wird darüber hinaus ausgeweitet
Gleichzeitig wird das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wird aufgrund der aktuellen Sondersituation ebenfalls ergänzt. Studierende sollen keine finanziellen Nachteile haben, wenn Vorlesungen wegen der Corona-Pandemie vorübergehend ausfallen oder der Semesterbeginn verschoben wird. Wer sich während der Corona-Krise in systemrelevanten Branchen und Berufen etwas hinzuverdient, soll dadurch keine Einbußen bei der BAföG-Förderung haben. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, dass Einkünfte aus entsprechenden Tätigkeiten nicht auf das BAföG angerechnet werden. Auch die Definition systemrelevanter Branchen und Berufe wird erweitert. Denn viele wollen mit anpacken, ob im Gesundheitswesen, in sozialen Einrichtungen oder in anderen Bereichen. Das soll noch besser honoriert und erleichtert werden.
Dies soll auch für Bezieherinnen und Bezieher von Aufstiegs-BAföG sowie von Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gelten.
Unterstützung auch für wissenschaftlichen Nachwuchs
Und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) soll um eine zeitlich begrenzte Übergangsregelung ergänzt werden: Die Höchstbefristungsgrenzen für das wissenschaftliche und künstlerische Personal, das sich in seiner Qualifizierungsphase befindet, werden demnach um die Zeit pandemiebedingter Einschränkungen des Hochschul- und Wissenschaftsbetriebs verlängert. Beschäftigungsverhältnisse zur Qualifizierung, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 bestehen, können zusätzlich um sechs Monate verlängert werden. Damit werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trotz der Sondersituation ihre Qualifizierungsziele weiterverfolgen können. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Höchstbefristungsgrenze bei Fortdauer der Krise um weitere sechs Monate verlängert werden kann.
Beide Gesetze treten rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft und umspannen so die gesamte Dauer der Pandemie. Auch eine Verlängerung der Fristenregelungen ist möglich, sollte sich ihre Dauer über einen längeren Zeitraum als ein Sommersemester erspannen.
Jan Bühlbecker: Sicherheit für Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen wichtig
Diese Einigung lobt der SPD-Kommunalpolitiker deswegen auch ausdrücklich: „Die Verlängerung von Fristen schafft Sicherheit für Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen. Das ist wichtig. Die Zeit, die wir alle gerade an so mancher Stelle durch die Corona-Pandemie verlieren, darf jungen Menschen in der Wissenschaft nicht gestrichen werden, sondern sie müssen sie anhängen können. Genau das hat die Bundesregierung nun ermöglicht und ich bin der SPD für ihren Einsatz hierfür auch ausdrücklich dankbar.“