Schon seit längerem benötigt die Luftwaffe einen Ersatz für ihre altersschwachen Tornado-Jets, die seit mehr als 40 Jahren im Einsatz sind. Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will nun Nägel mit Köpfen machen und aus den USA 45 Kampfjets bestellen. Sie hat bei der US-Regierung deswegen Interesse am Kauf von der 45 Kampfjets vom Typ F18 des Herstellers Boeing angemeldet. Konkret habe Ministerin die ihrem US-Amtskollegen Mark Esper am Donnerstag per E-Mail mitgeteilt, die Bundeswehr beabsichtige, 30 F-18 „Super Hornet“ und 15 F18-Jets vom Typ „Growler“ zu bestellen. Auch ihre Amtskollegen in Frankreich und England hat Kramp-Karrenbauer bereits informiert. Über eine endgültige Bestellung muss allerdings auf Antrag des Verteidigungsministerium das Parlament entscheiden.
Annegret Kramp-Karrenbauer will atomwaffenfähige US-Kampfjets
Die Pläne des Verteidigungsministeriums sehen vor, die überalterte Tornado-Flotte der Bundeswehr vom Jahr 2025 an durch bis zu 90 weitere Eurofighter-Jets sowie 45 F-18-Kampflugzeuge von Boeing zu ersetzen. Das US-Modell soll dabei für den elektronischen Luftkampf sowie die „Nukleare Teilhabe“ Deutschlands an US-Waffen beschafft werden. Die Maschinen könnten im Ernstfall demnach mit auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel gelagerten US-Atomwaffen bestückt werden. Daneben wolle Kramp-Karrenbauer weitere 15 F18-Jets vom Typ „Growler“ für die elektronische Kampfführung bestellen. Deren spezielle Sensoren könnten das Bodenradar des Gegners ausschalten, hieß es.
Die SPD aber auch Verbände hatten gefordert, dass die Tornados statt durch US-Kampjets durch neue, umgerüstete Eurofighter ersetzt werden sollen. Die USA hatten deutlich gemacht, dass ein Zertifizierungsverfahren mit Eurofightern sehr viel länger dauern würde als mit den Flugzeugmustern aus US-Produktion. Die Eurofighter-Fürsprecher*innen dagegen verweisen auf die Notwendigkeit, eigene Fertigungskapazitäten zu fördern und die Abhängigkeit von den USA nicht zu groß werden zu lassen.
Zu hohe Militärausgaben in der Coronakrise drohen
Kramp-Karrenbauer will deswegen statt wie zunächst angedacht nur die 85 Tornados zu ersetzen, auch die erst etwa fünfzehn Jahre alten 38 Eurofighter der ersten Generation durch jüngere Modelle des deutsch-französischen Konzerns Airbus austauschen. Unter den bündnis- und industriepolitischen Vorgaben versucht die im Verteidigungsministerium erdachte Doppellösung einen schmerzhaften und teuren Spagat. Betrachtet man vergangene Beschaffungen, könnte sich der Kaufpreis der 135 Kampfflugzeuge auf knapp 25 Milliarden Euro summieren. Doch die tatsächlichen Kosten eines Kampfjets über die angestrebte 30-jährige Nutzung können durch Wartung, Treibstoff, Upgrades, etc. auf mindestens das Vierfache des Beschaffungspreises anwachsen. Allein die Betriebskosten für eine Flugstunde mit dem Eurofighter nähern sich 100.000 Euro. Insgesamt sind 540.000 Stunden Flugzeit mit den 90 Eurofightern möglich.
Für die SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld sowie für die Jusos Wattenscheid kritisiert Jan Bühlbecker das Vorgehen der Bundesverteidigungsministerin: „Der Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer ist der nächste Alleingang der Ministerin. Es ist törricht bei einer so weitreichenden Entscheidung die US-Administration vor der eigenen Koalitionspartnerin zu informieren. Dreist wird dieses Vorgehen dadurch, dass AKK gewusst haben muss, dass die SPD ihrem Vorschlag widersprechen würde. Eine so umfangreiche und teure Umrüstung bei der Luftwaffe wäre gerade das falsche Signal: In Anbetracht der Corona-Pandemie ist jetzt die Zeit für eine internationale Waffenruhe und nicht für Aufrüstung – Wie es nicht zuletzt auch UN-Generalsekretär Gueterres vertritt.“
Jan Bühlbecker: Das Ziel bleibt eine atomwaffenfreie Welt
Und weiter: „Mit Ausnahme des fehlenden Engagements für den UN-Atomwaffenverbotsvertrag bekennt sich die Bundesregierung seit Jahren zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt und zeigt diplomatischen Einsatz im Bereich der nuklearen Abrüstung. Auch Bochum hat sich der ICAN-Bewegung angeschlossen. Die bisherigen Bemühungen könnten jetzt jedoch durch eine falsche Weichenstellung bei der Tornado-Nachfolge konterkariert werden. Dabei gestehen selbst viele Befürworter*innen der nuklearen Teilhabe dieser nur noch einen symbolischen Wert für das transatlantische Bündnis zu. Eine Symbolpolitik mit derart hohen Kosten und zu Lasten der politischen Glaubwürdigkeit darf nicht fortgesetzt werden. Stattdessen sollten wir uns noch intensiver für eine atomwaffenfreie Welt einsetzen.“
„Das entspräche auch mehr dem Zeitgeist: Denn die aktuelle Krise, in der z.B. Bundeswehr-Sanitätsflugzeuge dabei helfen, die Behandlung von Corona-Patienten sicherzustellen, zeigt uns, wie gelebte Solidarität im Bündnis und auch darüber hinaus aussehen kann. Wir brauchen also eine umfassende politische und gesellschaftliche Debatte darüber, wie die Bundeswehraufgaben und der Zusammenhalt im NATO-Bündnis sowie in der EU-Verteidigungsallianz mit dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt zusammengebracht werden können. Eine vorschnelle Entscheidung bei der Tornado-Nachfolge, die das Ergebnis der Debatte für eine Generation vorwegnimmt, darf es daher nicht geben. Und ich bin auch davon überzeugt, dass die SPD Bundestagsfraktion dies noch verhindern wird“, so der SPD-Kommunalpolitiker abschließend.