SPD-Chefin Saskia Esken hat zur Bewältigung der finanziellen Belastungen der Corona-Krise eine einmalige Vermögensabgabe ins Spiel gebracht. „Wir werden eine faire Lastenverteilung brauchen – und die kann für die SPD nur so aussehen, dass sich die starken Schultern in Deutschland auch stark beteiligen“, sagte sie der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. „Ich halte eine einmalige Vermögensabgabe für eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen.“
Der Bundestag hatte in der vergangenen Woche zur Finanzierung der Corona-Folgen einen Nachtragshaushalt beschlossen, der zur Finanzierung wichtiger Soforthilfen, Darlehnen und Bürgschaften neue Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro vorsieht. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (auch SPD) hatte zudem eine weitere Budgeterhöhung in Aussicht gestellt.
Über 130 Milliadär*innen in Deutschland, Vermögensabgabe ist verhältnismäßig
Jan Bühlbecker unterstützt den Vorschlag von Saskia Esken für die SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld: „In Deutschland gibt es 130 Milliadär*innen, die über ein Gesamtvermögen von rund 500 Milliarden Euro verfügen. Zur Einordnung: Damit besitzen sie mehr als ein Bundeshaushalt umfasst, denn der liegt inklusive Nachtragshaushalt bei 450 Milliarden Euro. Wenn die deutschen Milliadär*innen als Krisenabgabe nur 10% ihres Vermögens einbrächten, stünden 50 Milliarden Euro mehr für den Kampf gegen die Corona-Krise zur Verfügung. Es ist deswegen angemessen, auch über Umverteilung zu reden.“
Und weiter: „Denn wir werden – wie gesagt – größere Hilfspakete brauchen als nur die, die bislang auf dem Weg sind. Und wir werden auch an anderen Stellen mehr Geld brauchen. Und da reden wir dann schon über gewaltige Kraftanstrengungen – Vielleicht einzigartige in der bundesdeutschen Geschichte. Deswegen ist es nicht mehr verhältnismäßig eine Finanzierung ohne Vermögensabgabe zu diskutieren, denn wir dürfen weder einkommenslose Menschen, noch diejenigen mit kleineren oder mittleren Einkommen oder den Mittelstand, der ja gerade ebenfalls besonders herausgefordert ist, so entlasten, dass sie sich nicht mehr erholen können – Vor allem nicht, weil Vermögenende in Deutschland bislang nur unterdurchschnittlich besteuert werden, so sehr übrigens, dass selbst die OECD ein Umsteuern in dieser Frage von uns fordert. Die Diskussion ist deswegen verhältnismäßig und überfällig, denn wir werden diese Krise nur mit Solidarität meistern können. Und dafür hat Saskia Esken den richtigen Impuls geliefert. Ich unterstütze sie dabei uneingeschränkt.“
Starke Schultern müssen mehr tragen – auch international
Der SPD-Kommunalpolitiker bezieht in der aktuellen Diskussion aber auch klar Stellung für die vorübergehende Einfürhung sogenannter Eurobonds, damit notwendige Investitionen auch in südeuropäischen Ländern finanziert werdne können: „Die Lage in den Krankenhäusern ist in vielen südeuropäischen Ländern verherend, die dramatischen und traurigen Konsequenzen sehen wir beispielsweise in Italien und Spanien. Die Gründe dafür liegen auch in der verfehlten Euro-Rettungspolitik: Die Sparzwang-Austeritätspolitik, die Angela Merkel und ihr damaliger Finanzminister Wolfgang Schäuble betrieben haben, hat auch vor dem Gesundheitssystem nicht halt gemacht und die Länder dazu gezwungen, unter anderem die Intensivkapazitäten abzubauen, die heute fehlen. Es ist richtig, dass diese Länder, unsere europäischen Partnerinnen, nun alles versuchen, um schnell neue Kapazitäten aufzubauen und dass dafür auch neue Kredite aufgenommen werden müssen. Doch zum einen aufgrund unserer eigenen Verantwortung und zum anderen weil eine Zuspitzung auch der wirtschaftlichen Krise in unseren Nachbarstaaten allein schon aufgrund der Exportabhänigkeit der hiesigen Wirtschaft nicht im deutschen Interesse ist, sollten diese Kredite gesamteuropäisch also über Eurobonds aufgenommen werden. Dies ist, wenn es befristet geschieht, mit dem Europarecht vereinbar. Und es wäre gelebte Solidarität!“
Auch mit Blick auf die Weltpolitik sei dies erforderlich, erklärt Jan Bühlbecker abschließend: „Italien bekommt massive finanzielle und technische Hilfe aus Russland, China und den USA, selbst Venezuela und Kuba haben Ärzt*innen geschickt. Das erinnert ebenfalls an die Euro-Rettungspolitik als beispielsweise in Griechenland wichtige staatliche Häfen privatisiert werden mussten und von China aufgekauft wurden. Auch diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen, dürfen die EU in der Corona-Krise nicht auseinandertreiben lassen, sondern müssen wir progressive europäische Solidarität einstehen. Deswegen empfehle ich dringend befristete Eurobonds statt einer Anwendung des ESM, die letzendlich wieder zu großen Druck auf die südeuropäischen Staaten verlagern und so entweder die Handlungsfähigkeit der genannten Länder im Kampf gegen Corona einschränken oder aber neue Abhänigkeiten entstehen lassen würde. Und beides können wir nicht wollen – weder als Deutsche oder Europäer*innen, noch als Mitmenschen.“