NRW Arbeitsminister Laumann (CDU) will bei Hartz IV-Sanktionen mit Urteil des Verfassungsgerichts brechen – Jan Bühlbecker: Diese Regierung ist getragen von Skandalen

Nordrhein-Westfalens CDU-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann will Hartz-IV-Empfängern, die sich nicht den Anweisungen von Arbeitsagenturen und Jobcentern beugen, die Unterstützung komplett streichen – trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom November, das Kürzungen von maximal 30 Prozent für menschenwürdig hält.

„Wenn eine verweigerte Mitwirkung keine Folgen hat, läuft das System leer“, erklärte Laumann, der auch Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) ist vor wenigen Tagen. Er will der Arbeitsverwaltung deshalb erneut die Möglichkeit geben, die sowieso schon geringen Hartz-IV-Sätze von 432 Euro nicht nur auf 302 Euro zusammenzustreichen – sondern auf null. Ein klarer Bruch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts!

 

Angriff auch auf unabhänige Beratungen

Geht es nach Laumann, soll Ende des Jahres auch mit der Förderung von Arbeitslosen-Initiativen, in denen Jurist*innen, Sozialarbeiter*innen und andere Erwerbslose zum richtigen Umgang mit der Arbeitsagentur, beispielsweise, wenn fehlerhafte Bescheide ausgestellt werden oder die Bürokratie zu undurchsichtig ist, beraten, Schluss sein. Bisher erhalten diese Arbeitslosenzentren, die oft aus Selbsthilfe-Initiativen entstanden sind, eine Landesförderung von 1,2 Millionen Euro. Ab Januar 2021 aber soll das Geld stattdessen an die zusätzlich bestehenden 73 Erwerbslosenberatungsstellen gehen, die bisher schon mit 5,6 Millionen Euro unterstützt wurden und deren Schwerpunkt auf Qualifizierung und Jobsuche liegt. Sie sind jedoch eng mit den staatlichen Arbeitsagenturen verworben, so dass sie keine unabhänige Beratung anbieten können.

 

Jan Bühlbecker: Wir müssen Hartz IV überwinden

Für Jan Bühlbecker von der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld geht die Politik von Karl-Josef Laumann in die völlig falsche Richtung: „Fast 20 Jahre nach der Agenda 2010 hat die SPD im letzten Jahr ein neues Sozialstaatspapier beschlossen. Es fordert nicht weniger als die Überwindung von Hartz IV. Ich halte das für richtig, denn der Geist von Hartz IV war vom ersten Tage an nicht mit der Grundhaltung der Sozialdemokratie vereinbar: Zum einen verdienen Menschen immer Unterstützung und niemals Ausgrenzung und zum anderen muss Leistung auch Sicherheit bedeuten – Hartz IV hingegen schafft Angst, weil es suggeriert, dass man trotz jahrzehntelanger Arbeit alles Erspartes und die gesellschaftliche Stellung verlieren könnte. Außerdem ist es schlichtweg ungerecht, dass Hartz IV nicht unterscheidet, ob man vor dem Bezug gar nicht, einige Jahre oder mehrere Jahrzehnte gearbeitet hat.“

Der SPD Kommunalpolitiker weiter: „Unsere Alternative ist deswegen das Bürgergeld, eine sanktionsfreie Grundsicherung. Mit dem Bürgergeld wird die Bezugsdauer des Arbeitslosengeld 1 auf bis zu 33 Monate ausgeweitet, eine generelle Schonfrist für Vermögen und Wohnung soll es für die ersten 24 Jahre geben. Zudem wird es eine Übergangs- und Qualifizierungsphase geben, in der Erwerbslose eine Weiterbildung oder sogar eine neue Berufsausbildung machen können, so dass man erst nach fünfjähriger Arbeitslosigkeit Grundsicherung in Anspruch nehmen müsste. Außerdem würden Frei- und Schonbeträge erhöht – auch mit der Kindergrundsicherung – so dass auch alle Aufstocker*innen nicht mehr Teil der Grundsicherung wären. Außerdem hätte das Bürgergeld am Ende einen höheren Regelsatz – nämlich auf Höhe des sozio-kulturellen Existenzminimums – so dass gesellschaftliche Teilhabe immer möglich bliebe. Ich bin davon überzeugt: So beenden wir die ausgrenzende Wirkung des bisherigen Systems und schaffen eine aktivierende Arbeitspolitik, die allen Menschen Teilhabe ermöglicht. Die Tage von Hartz IV sind gezählt! Die SPD will mit mehr Gerechtigkeit in die neue Zeit und Zukunft gerecht verteilen.“

 

Jan Bühlbecker: Diese Regierung ist getragen von Skandalen

Deutliche Worte findet Jan Bühlbecker auch für das Vorgehen von Karl-Josef Laumann: „Es wäre schon für den Vorsitzenden einer CDU-internen Vereinigung allein peinlich, sich gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu stellen – für einen Landesarbeitsminister ist dieses Vorgehen jedoch schlicht unangemessen. Un nicht hinnehmbar, denn wir erwarten von unseren Regierungen zurecht, dass sie die Verfassung schützen statt – selbst nach eindeutigen Urteilen des Verfassungsgerichts – nach Schlupflöchern in ihr zu suchen. Diese Anweisung ist deswegen der nächste weitreichende Skandal der Skandal-Regierung von Armin Laschet. Man muss es so deutlich sagen: Diese gesamte Landesregierung ist getragen von Skandalen.“

Der SPD Kommunalpolitiker erinnert: „Schon bevor die Landesregierung ihre Arbeit aufnahm, erklärte die neue Heimatministerin Ina Scharrenbach, dass sie gar nicht wisse, was ihre Aufgabe sein werde, es folgte ein Kochbuch, eine CD und Fördermittel, die bevorzugt in ihrem Wahlkreis eingesetzt werden. Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner musste sein Amt aufgeben, weil er als Funke-Gesellschafter nicht über die notwendige Unabhänigkeit verfügte und Umweltministerin Christina Schulze Föcking, weil sie einen Mast-Betrieb besitzt, gegen den ihr eigenes Ministerium wegen mutmaßlichen Verstößen gegen das Tierwohl ermittelte und sie sich anschließend massiv in Widersprüche verstrickte. Der Vorsitzende einer Landes-Kommission zur inneren Sicherheit, Wolfgang Bosbach, ist gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied der privaten Sicherheitsfirma Stölting und der Brexit-Beauftragte der Regierung, Friedrich Merz, ist für Blackrock tätig – Mehr Lobbyeinfluss geht gar nicht. Also außer bei Bildungsministerin Yvonne Gebauer, die einen Landesauftrag an ein Unternehmen vergab, das erst wenige Tage vorher an ihre Partei, die FDP, gespendet hatte. Hinzu kommt das zweifelhafte Vorgehen von Innenminister Herbert Reul und Ministerpräsident Armin Laschet selbst – beispielsweise im Umgang mit RWE und dem Hambacher Forst. Auch deswegen muss diese Regierung so schnell es geht abgelöst werden – und mit Blick auf einen möglichen Wechsel des Ministerpräsidenten nach Berlin ergänze ich: #ArminLasset!“