Am Morgen nach der Wahl von FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen, die mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP erfolgte, erklärt für die SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld und die Jusos Wattenscheid Jan Bühlbecker:
Der gestrige Tag war intensiv und besorgniserregend. Es war der schwarzeste Tag deutscher Nachkriegsgeschichte. Seitdem ist schon wieder einiges passiert. Am Morgen danach ist es in meinen Augen wichtig, auf drei Punkte einzugehen:
Zum einen hat die Bundeskanzlerin und ehemalige CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel die Wahl von Thomas Kemmerich mit dem Stimmen ihrer Partei und der FDP aber auch durch die Stimmen der AfD als „unverzeihlichen Fehler“, der „schleunigst rückgängig gemacht werden muss“ kritisiert. Auch ihre Nachfolgerin als Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat gestern gesagt, dass sie der CDU Thüringen von einer Wahl von Kemmerich abgeraten hätte.
Damit beginnen heute die Tage der Wahrheit in der CDU: Setzten sich die klaren Verfechter*innen einer geschlossenen Abgrenzung nach rechts um Merkel und Kramp Karrenbauer durch oder gewinnen die Machtgierigen um Friedrich Merz und Mike Mohring, die selbst zu offensichtlichen Pakten mit Nazis wie Björn Höcke bereit sind. Und ich habe große Sorge vor dem Ausgang dieser CDU-interen Debatte. Klar ist: Gewinnen die Rechten in der CDU, kann die SPD nicht länger mit der Union regieren.
Konkret heißt das: Die CDU muss ihr Verhältnis zum thüringer Landesverband klären, sie muss die Wahl von Thomas Kemmerich rückgänig machen und sie muss die Unterstützer dieses Dammbruchs – beispielsweise Staatssekretär Hirte – von ihrer Verantwortung entbinden, andernfalls kann man der Union nicht mehr Vertrauen und dann müsste die SPD die Große Koalition verlassen und auch im Bund Neuwahlen anstreben.
Zum anderen hat Thomas Kemmerich im Interview mit dem ZDF heute Journal zugegeben, mit dem Stimmen der AfD kalkuliert und seinen Bundesvorsitzenden Christian Lindner in die taktische Vorbereitung einbezogen zu haben. Der Bundestag-Vizepräsident der FDP Wolfgang Kubicki begrüßte die Wahl sogar. Kemmerich will nun Ministerpräsident bleiben, lehnt einen Rücktritt ab und entzieht sich so einer kritischen Reflexion der Ereignisse und seiner eigenenen Verantwortung.
Die FDP ist damit schon ab dem heutigen Tag keine verlässliche Partnerin im Kampf gegen den Faschismus – und damit generell keine verlässliche Größe in der politischen Zusammenarbeit – mehr. Im Gegenteil: Die Tage der Wahrheit, die für die CDU nun bundesweit beginnen, sind für die FDP bereits abgeschlossen. Ich schließe mich daher der Forderung des Internationalen Auschwitz Komitees an: Lindner und Kemmerich müssen zurücktreten.
Als dritten Punkt möchte ich abschließend betonen, dass ich von der Klarheit beeindruckt bin, in der SPD, Grüne und Die Linke auf diesen von schwarz-gelb verantworteten Dammbruch reagieren. Ich habe großes Vertrauen in den SPD Fraktionsvorsitzenden Matthias Hey. Und ich habe die große Hoffnung darauf, dass die Neuwahlen, die es nun in der Tat braucht, eine rot-rot-grüne Mehrheit zurück bringen und Thomas Kemmerich dann der erste Ministerpräsident wäre, der im Amt an der 5%-Hürde scheiternd aus dem Landtag gewählt würde. Und das völlig zurecht.
Und ansonsten gilt das gleiche wie gestern: Jetzt ist der Moment sich in einer demokratischen Partei zu engagieren. Für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität. Gegen Ausgrenzung und Menschenhass. Es kommt dabei auf jede*n an!
Glück Auf!