Konversionstherapien werden verboten!

In diesem Jahr fand der erste Christopher-Street-Day in Bochum statt. Viele Menschen feierten gemeinsam mit Vereinen und Verbänden die Vielfalt von Liebe und Welt. Ein toller Tag – Und zum Regen am eben selben: Der Himmel weinte halt vor Freude. Ich selbst war von Herzen froh und erleichtert, dass Bochum mit eigenem CSD ein buntes und lautstarkes Bekenntnis zur Offenheit abgab!

Homo- und Transsexualität ist in vielen Bereichen der Gesellschaft endlich weitesgehend akzeptiert. Und auch politisch konnten in den letzten Jahren wichtige Fortschritte erzielt werden: Die Öffnung der Ehe für alle Menschen, die einander heiraten möchten, ist hier ohne Frage der sichtbarste Erfolg, doch auch die Entschädiung aller Männer die nach dem längst gestrichenen §175 StGB veruteilt wurden, steht dem als weiteres Beispiel in nichts nach.

Doch die vielen gesellschaftlichen Fortschritte mussten erkämpft werden – lange und weiterhin. Es ist brutal zu sehen, dass queere Jugendliche auch heute noch eine höhere Selbstmordrate haben, dass sie öfter Opfer von Gewalt werden und an vielen Stellen auch noch immer mit Vorurteilen konfrontiert werden. Die gute Nachricht ist: Dem Vorurteil, wonach Homo- und Transsexualität „therapiert“ werden könnte, wird nun von der Bundesregierung endlich der Kampf angesagt – Konversionstherapien werden ab 2020 verboten! Darauf hat sich das Bundeskabinett gestern verständigt.

Nach Angaben des Gesundheitsministers werden bislang in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 2000 Pseudotherapien durchgeführt, die die Homosexualität oder Geschlechtsidentität eines Menschen ändern sollen. Als „Heiler“ treten in diesem Zusammenhang oft Seelsorger, Psychotherapeuten oder Laienprediger christlicher Glaubensgemeinschaften auf. In aller Klarheit: Dieser Begriff ist nicht nur irreführend, er ist eine Verleumdung – denn solche Therapien machen nicht gesund, sondern krank! Zur Einordnung: Mediziner*innen ist sich einig, dass eine Unterdrückung der sexuellen Identität Depressionen oder Angsterkrankungen hervorrufen kann und natürlich ist auch keine Studie bekannt, die eine dauerhafte Änderung der eigenen Sexualität möglich erscheinen lässt.

Wer homosexuelle oder transgeschlechtliche Menschen einer sogenannten Konversionstherapie zur Umpolung unterziehen will, muss demnach künftig mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr rechnen. Ein besonderer Erfolg: Ausnahmeregelungen für Heranwachsende im Alter zwischen 16 und 18 Jahren wurden gestrichen. Denn gerade in dieser Altersphase fänden die meisten Versuche statt, mit Pseudo-Therapien gegen Homosexualität oder die Geschlechtsidentität vorzugehen. Diese angebliche Therapie ist viel zu gefährlich für Leib und Seele, als dass man Graubereiche zulassen dürfte.

Jegliches Bewerben, Anbieten oder Vermitteln sogenannter Konversionstherapien an Personen unter 18 Jahren soll künftig nicht mehr erlaubt sein und mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Bei Volljährigen werden nur die öffentliche Reklame, das Anbieten und die Vermittlung verboten. Die SPD will zudem rechtlich prüfen, wie solche menschenverachtenden Umerziehungsmaßnahmen auch für Erwachsene verboten werden können.

Dieser Regierungsbeschluss, der so schnell wie möglich in den Bundestag eingebracht werden soll, soll zur Mitte des kommenden Jahres als Gesetz in Kraft treten. Auch wenn ich mir deutlich härtere Strafen vorstellen könnte: Ich hoffe, dass er auch so vielen Menschen Mut macht!

Doch insbesondere mit Blick auf die Akzeptanz gegenüber Transgendern bleibt auch weiterhin politisch viel zu tun: Wir brauchen eine umfassende Reform des Transsexuellen-Gesetzes. Eine die den Menschen dient – Und sich nicht nur am Bauchgefühl der Konservativen orientiert! Es muss Schluss damit sein, dass zwei Gutachten vor der Anerkennung der eigenen Transgeschlechtsidentität stehen und diese letzendlich noch von einem Gericht anerkannt werden müssen. Trans Menschen wissen selbst am besten, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen – Namensänderungen und Geschlechtseintragungen in öffentlichen beziehungsweise staatlichen Dokumenten müssen deswegen von ihnen unkompliziert und unbürokratisch vorgenommen werden. Psychatrische Begleitung ein Rechtsanspruch sein – aber kein Gängelungsinstrument. Auch muss die dritte Geschlechtsoption im Personalausweis für sie geöffnet bleiben.

Übrigens: Wir brauchen an Schulen Aufklärung und begleitende Sozialarbeit, um jungen Menschen zu vermitteln, dass sie normal und völlig in Ordnung sind. Alle Jugendliche, die sich wegen der eigenen sexuellen Orientierung oder ihrem Geschlecht Sorgen und Vorwürfe macht oder deswegen angegriffen, verfolgt oder diskriminiert wird, verdienen Unterstützung und Solidarität und ein Leben in Sicherheit. Daran müssen wir alle als Gesellschaft arbeiten.

Dazu möchte ich auch weiterhin meinen Beitrag leisten. Auch durch Solidarität auf Christopher Street Days. Der jüngste Beschluss der Bundesregierung hilft dabei.