Angehörige werden bei der Pflege entlastet und Pflegekräfte endlich besser bezahlt – Jan Bühlbecker: Ziel bleibt die Pflegvollversicherung

Die Situation in der Pflege muss sich verbessern – kurzfristig aber auch grundsätzlich. „Wir brauchen massive Investitionen in die Pflege, um bessere Arbeitsbedingungen für alle Pflegekräfte, eine bessere Ausstattung der unterschiedlichsten Pflegeeinrichtungen und in der häuslichen Pflege zu erreichen und sowohl die zu Pflegenden als auch die Angehörigen finanziell zu entlasten. Für die SPD ist klar: Das alles geht nur mit einer Pflegevollversicherung, die vor allem auf die massiven Rücklagen der privaten Pflegeversicherungenzurückgreifen würde, weil nur so gute und kostenlose Pflege für alle finanzierbar ist – und alles andere nicht gerecht wäre. Doch mit CDU und CSU ist eine Pflegevollversicherung nicht zu machen – warum auch immer die Partei mit C im Namen hier nicht an der Seite der Familien steht. Dennoch gelingt es der SPD nun in der Großen Koalition Verbesserungen für Pflegekräfte und Angehörige von zu Pflegenden durchzusetzen. Das ist ein wichtiger Fortschritt“, findet Jan Bühlbecker von der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld. Aber immer der Reihe nach.

 

Inbesondere finanzschwache Angehörige werden entlastet

Am Freitag beriet der Bundestag in erster Linie daher das so genannte Angehörigenentlastungsgesetz. Wichtigster Punkt des Gesetzentwurfs: Die Koalition entlastet unterhaltsverpflichtete Menschen, deren Kinder oder Eltern die Leistungen der Hilfe zur Pflege oder andere Leistungen der Sozialhilfe erhalten: Auf ihr Einkommen wird erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro zurückgegriffen. Es kommt dabei nicht auf Vermögen, sondern das Einkommen an. Die bislang nur in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bestehende 100.000-Euro-Grenze, bei deren Überschreitung erst auf das Einkommen bzw. Vermögen der unterhaltsverpflichteten Eltern und Kinder von Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch XII zurückgegriffen wurde, gilt zukünftig in der Hilfe zur Pflege und sogar in der gesamten Sozialhilfe. Insgesamt werden von Januar 2020 an die Familien (Eltern bzw. Kinder) von rund 275.000 betroffenen Leistungsempfängern von dieser Regelung erreicht.

 

Umfangreiche Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen

Außerdem wird es umfangreiche Verbesserungen geben für Menschen mit Behinderungen: Das Bundessozialministerium (BMAS) fördert seit dem 1. Januar 2018 befristet bis zum 31. Dezember 2022 eine ergänzende, von Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängige Teilhabeberatung (EUTB). Die Angebote der EUTB unterstützen Menschen mit (drohenden) Behinderungen und ihre Angehörigen, damit sie ihre individuellen Bedürfnisse und Teilhabeziele auch mit bzw. trotz Beeinträchtigung verwirklichen können. Dafür stellt der Bund bisher jährlich 58 Millionen Euro zur Verfügung. Die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, die Finanzierung der EUTB weiterzuführen, setzt das BMAS mit dem Angehörigenentlastungsgesetz um: Ein zeitlich unbefristetes Finanzierungsbudget in Höhe von 65 Millionen Euro jährlich soll den Status quo sichern.

Menschen mit Behinderungen, die auf eine Werkstatt für behinderte Menschen angewiesen sind, können Leistungen zur beruflichen Bildung bislang nur in der Werkstatt oder bei einem anderen Leistungsanbieter erhalten. Dank des Budgets für Ausbildung sollen sie künftig auch dann gefördert werden können, wenn sie eine reguläre betriebliche Ausbildung oder eine Fachpraktikerausbildung aufnehmen. So sorgt die Koalition für mehr Inklusion in der beruflichen Bildung und kommt ihrem Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes wieder ein großes Stück näher.

 

Ausweitung der Tarifbindung in der Pflege

Gleichzeitig setzt sich die SPD für eine bessere Bezahlung in der Pflege ein. Deswegen hat der Bundestag bereits am Donnerstag in erster Lesung das von der Bundesregierung beschlossene Pflegelöhneverbesserungsgesetz beraten. Das Gesetz schafft die Grundlage für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Dieses Gesetz bietet zwei konkrete Möglichkeiten für bessere Löhne in der Pflege an: branchenweit erstreckte Tarifverträge oder höhere Pflegemindestlöhne durch Rechtsverordnung, die auf Empfehlungen der Pflegekommission fußen. Für spürbare Verbesserungen wäre die Erstreckung tarifbasierter Arbeitsbedingungen auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (A-EntG), also eine Tarifvertragslösung, die beste Variante. Das Verfahren nach dem AEntG wird unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts und der großen Bedeutung der Religionsgesellschaften in der Pflegebranche angepasst. Ziel ist, dass es künftig Mindestlöhne differenziert nach Hilfs- und Fachkräften gibt und die Ost-/West-Unterschiede beendet werden.

 

Pflegekommission wird gestärkt

Nun entscheiden die Sozialpartner, welchen Weg sie gehen. Die Gründung des entsprechenden Arbeitgeberverbandes war ein wichtiger Schritt. Gewerkschaften und Arbeitgeber werden jetzt verhandeln und gemeinsam entscheiden, ob sie einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag schaffen – andernfalls kommt der Pflegemindestlohn. Im Gesetz wird außerdem die Handlungsfähigkeit der Pflegekommission gestärkt. Sie spricht Empfehlungen über Mindestarbeitsbedingungen (Mindestentgelte, Urlaub) aus. Diese Empfehlungen können zum Gegenstand von Rechtsverordnungen gemacht werden. Das Gesetz soll Ende des Jahres Inkrafttreten. Die SPD steht damit klar und verbindlich an der Seite der für die Pflege verantwortliche Gewerkschaft ver.di.

 

Jan Bühlbecker: Ziel bleibt die Pflegevollversicherung

Langfristig will die SPD jedoch eine Pflegevollversicherung erreichen und dafür gesetzliche und private Pflegeversicherung zu einer Bürgerpflegeversicherung für alle zusammenführen. Vorgesehen ist auch ein Familienpflegegeld nach dem Vorbild des Elterngelds. Für die SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld verweist Jan Bühlbecker darauf, dass derzeit erforderliche Pflegeleistungen nur teilweise durch die gesetzliche Versicherung abgedeckt werden. „Und das ist nicht angemessen – Pflege steht allen Menschen zu, niemand soll sich darüber Sorgen machen müssen, ob er oder die eigenen Kinder für eine gute Versorgung hinreichend abgesichert sind. Die SPD will deswegen, dass alle Pflegeleistungen für alle voll versichert sind.“ Zur Finanzierung soll auch auf die Rücklage der privaten Pflegekassen zurückgegriffen werden, deren Volumen derzeit bei rund 34 Milliarden Euro liegt. „Aber auch mehr Steuergerechtigkeit ist von Nöten, dabei gilt es insbesondere bei der ungleichen Verteilung von Vermögen in Deutschland anzusetzen. Alle 11 Minuten werden in Deutschland 8 Millionen Euro verschenkt oder vererbt – Ich finde Beschenkte und Erb*innen müssen sich im Gegenzug an dieser grundsätzlichen gesellschaftlichen Aufgabe beteiligen“, erklärt Jan Bühlbecker.

Kombiniert werden soll dies mit teilweise bereits angeschobenen Regelungen wie Lohnersatzleistungen für Pflegezeiten von Angehörigen sowie für eine bessere Arbeitsbedingungen für und Ausbildung von Pflegekräften. Kommunen sollen mehr Möglichkeiten erhalten, um passgenaue Pflegeangebote wie alternative Wohnformen anbieten zu können. Der SPD-Kommunalpolitiker Bühlbecker erklärt: „Nur eine Pflegevollversicherung ermöglicht heute gute Pflege, denn nur mit ihr können wir eine angemessene Entlohnung der Pflegekräfte und eine bessere Personalausstattung der Einrichtungen sowie die notwendigen Investitionen zum Beispiel ihn ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, betreutes Wohnen oder Mehrgenerationenhäuser finanzieren. Weil sonst die Beitragsleistungen so ansteigen würden, dass Pflege für die allermeisten unbezahlbar wäre – Und das wäre das Gegenteil von Respekt und Generationengerechtigkeit!“