Angehörige von Pflegebedürftigen werden entlastet – Jan Bühlbecker: Gesellschaftliche Solidarität wird gestärkt

Wenn alte Menschen ins Pflegeheim müssen und den Eigenanteil nicht stemmen können, müssen oft die Kinder einspringen und Unterhalt leisten. In Zukunft sollen sie aber erst ab einem Einkommen von 100.000 Euro bezahlen müssen. Das Kabinett hat an diesem Mittwoch das so genannte Angehörigenentlastungsgesetz beschlossen. Wichtigster Punkt des Gesetzentwurfs:

 

100.000€-Einkommensgrenze entlastet Angehörige

Die Große Koalition entlastet auf Initiative der SPD unterhaltsverpflichtete Menschen, deren Kinder oder Eltern die Leistungen der Hilfe zur Pflege oder andere Leistungen der Sozialhilfe erhalten: Auf ihr Einkommen wird erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro zurückgegriffen.

Die bislang nur in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bestehende 100.000-Euro-Grenze, bei deren Überschreitung erst auf das Einkommen bzw. Vermögen der unterhaltsverpflichteten Eltern und Kinder von Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch XII zurückgegriffen wurde, gilt zukünftig in der Hilfe zur Pflege und sogar in der gesamten Sozialhilfe − mit Ausnahme von unterhaltsverpflichteten Eltern minderjähriger Leistungsbezieher nach dem Dritten Kapitel SGB XII.

Um der besonderen Lebenslage der Betroffenen im Sozialen Entschädigungsrecht angemessen Rechnung zu tragen, wird auch eine entsprechende Regelung im Bundesversorgungsgesetz angepasst. Insgesamt werden von Januar 2020 an die Familien (Eltern bzw. Kinder) von rund 275.000 betroffenen Leistungsempfängern von dieser Regelung erreicht.

 

Entlastung für Menschen mit Behinderungen

Außerdem wird es umfangreiche Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen geben: Das Bundessozialministerium fördert seit dem 1. Januar 2018 befristet bis zum 31. Dezember 2022 eine ergänzende, von Leistungsträger*innen und Leistungserbringer*innen unabhängige Teilhabeberatung. Die Angebote der EUTB unterstützen Menschen mit (drohenden) Behinderungen und ihre Angehörigen, damit sie ihre individuellen Bedürfnisse und Teilhabeziele auch mit bzw. trotz Beeinträchtigung verwirklichen können. Dafür stellt der Bund bisher jährlich 58 Millionen Euro zur Verfügung. Die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, die Finanzierung der EUTB weiterzuführen, setzt das BMAS mit dem Angehörigenentlastungsgesetz um: Ein zeitlich unbefristetes Finanzierungsbudget in Höhe von 65 Millionen Euro jährlich soll dies sichern.

Menschen mit Behinderungen, die auf eine Werkstatt für behinderte Menschen angewiesen sind, können Leistungen zur beruflichen Bildung bislang nur in der Werkstatt oder bei einem anderen Leistungsanbieter erhalten. Dank des Budgets für Ausbildung sollen sie künftig auch dann gefördert werden können, wenn sie eine reguläre betriebliche Ausbildung oder eine Fachpraktikerausbildung aufnehmen. So sorgt die Koalition für mehr Inklusion in der beruflichen Bildung und kommt ihrem Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes wieder ein großes Stück näher.

 

Jan Bühlbecker: Gesellschaftliche Solidarität wird gestärkt

Problematisch ist allerdings, dass die Pflegekosten auf die jeweiligen Kommune übertragen werden. Der Vorsitzende der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld, Jan Bühlbecker, erklärt: „Natürlich ist die Entlastung der Angehörigen wichtig, sie stärkt die gesellschaftliche Solidarität und sichert so auch das Vertrauen in unser Solidarsystem insgesamt. Die beste Pflege der eigenen Angehörigen und die eigene finazielle Sicherheit müssen Hand in Hand gehen. Gleichzeitig ist dies im konkreten Fall jedoch auch eine finanzielle Belastungsprobe für die Kommunen – gerade dort, wo ihre Handlungsfähigkeit heute schon eingeschränkt ist, ist dies eine große Herausforderung. Als Kommunalpolitiker möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal die Notwendigkeit eines kommunalen Entschuldungsfond betonen – damit die notwendige gesellschaftliche Solidarität auch vor Ort getragen werden kann!“