Welttag gegen Kinderarbeit

Heute ist der Welttag gegen Kinderarbeit. Ein wichtiger Tag, um an die Rechte der Kinder und weltweite Verstöße gegen sie zu erinnern. Denn: Kinderarbeit ist weiterhin ein großes Problem, das unsere Aufmerksamkeit und unser entschiedenes Handeln bei seiner Bewältigung verdient.

 

Bestandsaufnahme: Kinderarbeit weltweit

Insgesamt gehen weltweit 218 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren einer Arbeit nach, wenn man ausbeuterische Kinderarbeit und legale Beschäftigung zusammenzählt. Von ihnen sind 152 Millionen Mädchen und Jungen – fast jedes zehnte Kind – nach aktueller Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)  Kinderarbeiter – das heißt, sie müssen unter Bedingungen arbeiten, die sie ihrer elementaren Rechte und Chancen berauben.

Insgesamt arbeiten mehr Jungen (88 Millionen) als Mädchen (64 Millionen). Allerdings muss man dazu sagen, dass Mädchen häufig Arbeiten im Haushalt erledigen, die weniger augenfällig sind und deshalb nicht unbedingt in den Statistiken auftauchen. Fast die Hälfte der Kinderarbeiter – 73 Millionen – leidet unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder ausbeuterisch sind. 48 Prozent der Kinderarbeiter sind unter 12 Jahre alt oder besser gesagt jung. Die meisten Mädchen und Jungen, die arbeiten müssen (72 Millionen), leben in Afrika, gefolgt von Asien (62 Millionen).

Die meisten Kinder arbeiten in der Landwirtschaft (70,9 Prozent), in der Industrie (11,9 Prozent) und als Hilfskräfte im Dienstleistungsbereich (17,2 Prozent). Weitgehend im Verborgenen arbeiten geschätzte 15 Millionen Kinder und Jugendliche als Dienstboten in privaten Haushalten – der Großteil von ihnen Mädchen. Viele von ihnen haben überlange Arbeitszeiten. Sie sind stark von ihren Arbeitgebern abhängig und kaum geschützt vor Gewalt oder sexuellen Übergriffen. Über zwei Drittel arbeiten im Familienverbund mit, zum Beispiel bei der Feldarbeit, Tiere hüten oder im Familienbetrieb, in der Regel unbezahlt.

 

Positive Entwicklung in den vergangenen Jahren täuscht nicht über Dramatik hinweg

Im Vergleich zu 2000 ist die Zahl der Kinderarbeiter stark gesunken (von 246 Millionen auf 152 Millionen), aber der Rückgang ist in den letzten Jahren langsamer geworden. Wenn der Fortschritt im aktuellen Tempo weitergeht, werden auch im Jahr 2025 noch 121 Millionen Mädchen und Jungen von Kinderarbeit betroffen sein – bis dahin soll im Einklang mit den „nachhaltigen Entwicklungszielen“ Kinderarbeit möglichst überwunden sein.

Außerdem gibt es große regionale Unterschiede. So ist die Zahl der Kinderarbeiter in der Region Asien und Pazifik deutlich gesunken, aber auch in Lateinamerika nimmt Kinderarbeit ab. In Subsahara-Afrika hingegen scheint Kinderarbeit in den letzten Jahren wieder zugenommen zu haben. Ein Grund hierfür sind generell die schleppende wirtschaftliche Entwicklung in einigen Ländern, aber auch eine wachsende Zahl an bewaffneten Konflikten und Naturkatastrophen. Denn in Zeiten von Vertreibung und Not steigt die Gefahr, dass Kinder arbeiten müssen anstatt zur Schule zu gehen. Folglich wird zum Beispiel im Nahen Osten beobachtet, dass in Folge der Konflikte in Syrien und Irak sowohl die Zahl der Kinderehen als auch die Zahl der Kinderarbeiter unter den Flüchtlingen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Festzuhalten bleibt: Armut, Krieg, Flucht und Vertreibung sind die wesentlichen Wurzeln von Kinderarbeit.

In Deutschland wirkt übrigens das Jugendarbeitsschutzgesetz, welches definiert, wann, wielange, wie und wo Kinder und Jugendliche ab welchem Alter beispielsweise als Praktikant*innen oder im Rahmen eines Ferienjobs arbeiten dürfen, gut. Es kann davon ausgegangen werden, dass ausbeuterische Kinderarbeit hier – auch aufgrund regelmäßiger Zollkontrollen an entsprechenden Stellen – nicht vorkommt.

 

Politische Ansätze gegen Kinderarbeit

Wirksame Gesetze gegen Kinderarbeit sind wichtig, reichen aber allein nicht aus. Natürlich muss die Staatengemeinschaft diese weiterhin unterstützen und ihre Einhaltung akribisch überwachen. Aber auch die Ursachen wie Armut und fehlende Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten müssen adressiert werden. Der beste Schutz vor Kinderarbeit sind daher Investitionen in alle Lebensbereiche eines Kindes, insbesondere in Bildung und den Zugang zu kostenfreien, kinderfreundlichen Schulen mit guter Unterrichtsqualität sowie in die soziale Sicherheit von Kindern und ihren Familien. Es braucht daher um Kinderarbeit zu beenden ein gutes Zusammenspiel von den regionalen Regierungen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen und den internationalen Partner*innen in der Entwicklungszusammenarbeit. Konkret sind aber auch die – teils international agierenden – Unternehmen in der Pflicht, sofort sicherzustellen, dass an keinem Punkt ihrer Produktionsketten Kinder eingesetzt werden.

Das bedeutet: Auch Deutschland und Europa sind konkret in der Pflicht, etwas gegen Kinderarbeit zu tun und auf nachhaltige Politik zu setzen. Konkret geht es zum Beispiel darum, beim Import von Produkten den Hersteller*innenschutz stärker als Teil des Verbraucher*innenschutzes mitzudenken und so sicherzustellen, dass zum Beispiel T-Shirts aus asiatischen Produktionsstätten stärker kontrolliert werden. Den Markengeber*innen allein ist dies nicht zuzutrauen. Außerdem brauchen wir schnellstmögliche eine Abkeher von der bisherigen europäischen Freihandelspolitik in der Entwicklungszusammenarbeit mit den Staaten der Afrikanischen Union. Denn diese Freihandelsabkommen haben bislang nur bewirkt, dass durch den Export europäischer Abfallprodukte die dortige Wirtschaft massiv geschwächt wurde. Ein Beispiel: Aus Europa werden die Teile vom Rind nach Afrika exportiert, die hier nicht als Kottlett oder Steak nachgefragt werden, dabei sticht der Exportpreis den Preis der afrikanischen Bauern aus, die so finanziell auf der Strecke bleiben und echte Arbeiter*innen durch Kinderarbeiter*innen ersetzen müssen. Wer also nachhaltig etwas gegen Kinderarbeit tun will, muss die Systemfrage stellen.

Wir brauchen darüber hinaus einen Marshall-Plan für Afrika – Gerade weil im Moment zum Beispiel China, welches sich kaum für die Einhaltung von Menschen- und Kinderrechten interessiert, in Afrika investiert. Mit diesem Marshall-Plan müssen wir die afrikanische Wirtschaft in ihrem Aufbau unterstützen, Investitionen in Produktion, Nachhaltigkeit und die Versorgung der Bevölkerung mit selbsterzeugten Lebensgrundlagen müssen diesen auszeichnen. Aber auch Investitionen in Schulen, Universitäten und die (digitale) Infrastruktur gehören untrennbar zu einem solchen Plan. In diesem Zusammenhang freut es mich übrigens, dass Deutschland sein Budget für die internationale Kultur- und Bildungspolitik in diesem Jahr auf ein Rekordnievau gehoben hat. Denn diese außenpolitik der Gesellschaft stärkt nicht nur den zwischenmenschlichen Austausch und damit das gegenseitige Vertrauen, es stärkt auch die Zivilgesellschaften und fördert somit eine Erhöhung des Drucks auf die jeweiligen Regierungen, ebenfalls etwas gegen Kinderarbeit zu unternehmen.

Der Kampf gegen Kinderarbeit kann – gemäß unseres Ziels sie bis 2025 zu überwinden – nur erfolgreich sein, wenn all diese Punkte zusammengesehen und angegangen werden. Nachhaltig, jeden Tag. Also lasst uns gemeinsam daran arbeiten und nicht nur an jedem 12. Juni daran erinnern!