Seit 1992 gilt die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. So lange läuft auch die Diskussion über die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Reine Symbolik! Überflüssig! Passen nicht in die Systematik! So oder so ähnlich lautet seitdem die Kritik, welche die Befürworter*innen einer Verfassungsänderung gelegentlich zu hören bekommen. Dass intensiv debattiert, gerungen und manchmal auch gestritten wird, ist gut: „Schließlich ändert man die Verfassung nicht mal eben so“, erklärt der Vorsitzende der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld, Jan Bühlbecker: „Doch für die Erweiterung des Grundgesetzes um Kinderrechte gibt es sowohl theoretisch als auch ganz praktisch gute Gründe. Am heutigen Weltkindertag sollten wir deswegen an dieses wichtige Anliegen erinnern.“
Lösung einer komplexen Rechtsfrage
Und inzwischen ist die Kritik ja leiser und die Unterstützung für Kinderrechte im Grundgesetz größer geworden. Ein breites Bündnis von Verbänden, Parteien und Organisationen macht sich für eine Verfassungsänderung stark. Auch eine große Mehrheit der Bevölkerung steht laut Umfragen hinter dem Vorhaben. „Zuletzt ist es den sozialdemokratischen Verhandlungsführer*innen sogar gelungen, die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz im Koalitionsvertrag festzuschreiben und zwar als Grundrecht und nicht nur als Staatsziel. Das ist der gesamten SPD und natürlich auch mir persönlich ein zentrales Anliegen“, so der SPD-Kommunalpolitiker weiter.
Dass Kinderrechte im Grundgesetz eher symbolischen Charakter haben, weil Kinder ohnehin schon Träger von Grundrechten sind, klingt zunächst einleuchtend. Doch ganz so einfach ist es nicht. In unserer Verfassung werden Kinder nämlich nicht als Rechtssubjekt, sondern nur als Objekt des Elternrechts genannt (Art. 6 GG). Und damit werden diese Grundrechte immer im Spannungsverhältnis zum sogenannten Elternrecht definiert. Das Kindergrundrecht selbst lässt sich erst durch eine komplizierte Auslegung und Kombination anderer Verfassungsnormen herleiten. Und das ist ein Problem, denn diese komplizierte Auslegung führt zu einem nicht unerheblichen Umsetzungsdefizit: „Es geht also nicht um Symbolik, sondern um eine klare und eindeutige Formulierung, damit Kinderrechte bei der Anwendung in der Verwaltung, bei Gericht und Gesetzgebung bessere Berücksichtigung finden“, stellt Jan Bühlbecker fest.
Zwei konkrete Ziele: Die Kindergrundsicherung und eine Schule für alle
Und weiter: „Kinderrechte im Grundgesetz werden ihre Wirkung – zwar nicht überall sofort – dafür aber auf lange Sicht umso nachhaltiger entfalten: Im Jugendhilferecht wie im Straßenverkehrsrecht, in Kita und Schule genauso wie im Baurecht. Natürlich entstehen durch eine Grundgesetzänderung nicht sofort neue Spielplätze, mehr Zebrastreifen oder wird Kinderarmut auf einen Schlag beseitigt. Hier substanzielle Fortschritte zu erzielen bleibt Aufgabe konkreter Politik im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Aber Kinderrechte im Grundgesetz würden eine starke Basis für eine gute Politik für Kinder schaffen, die handelnden Akteure stärker in die Pflicht nehmen und all diejenigen stärken, die sich für die Interessen von Kindern einsetzen. Für mich sind zwei Punkte hierbei besonders wichtig: Die Einführung einer Kindergrundsicherung, um alle Kinder aus der Armutsfalle herauszuholen und die Schaffung einer Schule für alle Kinder – also eine Gemeindschaftsschule, die wie keine andere für echte Chancengerechtigkeit steht.“
Auch die Sorge mancher, die Stärkung der Kinderrechte könnte eine Schwächung der Elternrechte bedeuten, ist unbegründet. Denn sie übersieht, dass Artikel 6 nicht einfach ein (Eltern-)Recht am Kind ist. So hat Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Entscheidungen deutlich gemacht, dass dieses Recht ein Pflicht-Recht zum Wohl des Kindes ist. Und genau dieses Wohl des Kindes würde durch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gestärkt. Dadurch erhalten Eltern bessere Voraussetzungen um die Rechte ihrer Kinder durchzusetzen. Kinderrechte stärken also nicht nur Kinder, sondern auch ihre Eltern und damit die ganze Familie. Der Vorsitzende der hiesigen Sozialdemokratie betont: „Kinderrechte im Grundgesetz stärken auch die Rolle der Eltern – Und das zurecht!“
Jan Bühlbecker: Kinderrechte gehören ins Grundgesetz
Seit Juni 2018 tagt einer von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Für die Eintragung der Kinderrechte ins Grundgesetz soll diese, wie von der Großen Koalition vereinbart, bis Ende des Jahres einen Vorschlag erarbeiten: „Der Weg der Kinderrechte ins Grundgesetz ist gezeichnet. Mein Wunsch ist, dass am Weltkindertag 2020 über die Kinderrechte im Grundgesetz abgestimmt wird. Denn es würde Kindern stärken und den Eltern helfen“, so Jan Bühlbecker abschließend.