Alles Gute zum Muttertag! Vorallem Gleichberechtigung.

Alles Gute zum Muttertag, meiner Mama besonders. Der Muttertag ist in den meisten Familien ein Tag, an dem die Mutter beschenkt wird: Mit Blumen oder Pralienen, Selbstgebastelten oder dem Versprechen, dass das Kind im nächsten Jahr wirklich jeden Tag artig sein will. Und das ist auch gut, schließlich verdanken wir unseren Müttern eine ganze Menge, sind sie ein wichtiger Rückhalt und in den meisten Fällen immer für uns da. Ich will die Gelegenheit deswegen nutzen, um heute mal einen persönlichen Satz hier hin zu schreiben: Danke, Mama! Und natürlich gab es ein Geschenk.

Doch die Geschenke der Kinder sind für den Muttertag zu wenig. Jahr für Jahr schreiben Mütter im sozialen Netzwerk Twitter deswegen unter #Muttertagswunsch ihre politischen Forderungen auf: Bessere Betreuungsangebote für Kinder, finanzielle Entlastungen für Familien und Alleinerziehende, abgesicherte Hebammen und Entbindungspfleger und vieles mehr. Der Blick auf die Einträge zeigt: Auch wenn unsere Gesellschaft heute kind- und müttergerechter (!) ist als vor wenigen Jahrzehnten, ist auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung insbesondere für Mütter noch viel zu tun. Und der Muttertag verpflichtet uns deswegen auch, den Forderungen der Mütter politisch Nachdruck zu verleihen. Schließlich sind es – wollen wir doch in einer gerechten Gesellschaft leben – auch unsere. Im Folgenden deswegen der Versuch von Analyse und Kritik.

 

Wenn das Mutter-Sein zur finanziellen Ungerechtigkeit wird

Doch wie verändert sich das Leben von Eltern und speziell von Müttern, sobald ein Kind da ist? Eine viel diskutierte Frage, deren Antworten im Privaten beginnen und im Gesellschaftspolitischem enden. Dabei geht es meist um Themen wie das viel zitierte schlechte Gewissen, wenn Mama man sich zwischen Beruf und Familie zerreißt, die Elternzeit, bei der es zwischen beiden Elternteilen immer noch ein deutliches Ungleichgewicht – also weniger Männer, die sie in Anspruch nehmen – gibt und auch die unbezahlte Care-Arbeit, die Frauen immer noch mehrheitlich übernehmen, führt dazu, dass Frauen durchschnittlich 8,7 Stunden weniger Freizeit in der Woche haben als Männer. Außerdem gibt es erhebliche Hürden beim Wiedereinstieg in den Job und trotz KiTa-Pflicht leider immer noch fehlende Betreuungsangebote, was dazu führt, das ein Elternteil, ebenfalls mehrheitlich Frauen, in Telizeit arbeiten muss – ob man will oder nicht. So kommt es, dass zwar immer mehr Frauen in einem Beschäftigungsverhältnis sind, die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet jedoch in Teilzeit (bei den Männern arbeiten dagegen nur rund 10 Prozent in Teilzeit). Und nicht zuletzt stehen auch immer noch die traditionellen Rollenbilder, die Mütter nach wie vor als die Hauptverantwortlichen für Familie und Haushalt sehen im Fokus der Debatte.

Und in der Tat benachteiligen diese Gegebenheiten in erster Linie strukturell die Mütter: Eine aktuelle Studie unter dem provozierenden Titel „Child Penalties“ („Kinder-Strafen“) hat die Gehaltsveränderung von Eltern in Dänemark, Schweden, Deutschland, Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten untersucht. Das Ergebnis: In allen sechs Ländern konnten erhebliche Einbußen beim Gehalt der Mütter festgestellt werden. Der langfristige Einkommensverlust für Mütter liegt in Dänemark etwa bei 21 Prozent und in Schweden bei 27 Prozent.  Deutschland belegt bei diesem Vergleich übrigens den traurigen letzten Platz: Zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes verdienen Mütter im Schnitt 61 Prozent weniger als im letzten Jahr vor der Geburt. Bei Vätern konnte dieser Einbruch in keindem der Länder festgestellt werden – und das obwohl sich bis zum ersten Kind die Gehälter von Frauen und Männern ähnlich entwickeln.

Der Ökonomieprofessor Josef Zweimüller, der zum internationalen Forschungsteam gehörte, welches die Studie erstellte fasste gegenüber der Süddeutschen Zeitung zusammen: „Aus meiner Sicht zeigt unsere Studie: Mit Kindergeld und Krippenplätzen alleine lassen sich nicht alle Unterschiede aufheben. Wir sehen nämlich auch, dass die Gehaltseinbußen mit den gesellschaftlichen Erwartungen und sozialen Normen einhergehen.“ Hinzu kommen individuelle Probleme wie Unterhaltsrückstände bei Alleinerziehenden oder besondere Förderbedarfe eines Kindes.

 

Die Politik muss Mütter endlich besser unterstützen

Nein, dieser Text soll das Mutter-Sein gewiss nicht schlecht reden – im Gegenteil. Aber er will wachrütteln und für ein stärkeres politisches Bewusstsein werben: Im Jahr 2019 muss es möglich sein, dass auch Mütter selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden und weder beruflich noch finanziell für ihre Entscheidung benachteiligt werden. Denn Mütter sind großartig! Sie halten unsere Gesellschaft am Leben. Wir alle sind auf sie angewiesen. Und die Politik hat in den letzten Jahren mit Mütterrente, Brückenteilzeit und Rechtsanspruch auf KiTa- und Betreuungsplatz in der Grundschule durchaus etwas verbessert.

Doch das ist eben nicht genug. Die Finanzierung der Mütterrente aus Renten- statt aus Steuermitteln, obwohl diese Leistung doch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, ihre Anrechung auf die Grundsicherung verkehrt den Effekt dieses CSU-Herzensthema sogar ins Gegenteil: Mütter, die Familie explizit gegen den Beruf eintauschten, werden so besser gestellt als Alleinerziehende mit zwei Jobs und geringen Rentenansprüchen. Die Brückenteilzeit, ein SPD-Projekt der aktuellen Bundesregierung, hat die Union so sehr ausgebremst, dass es nur in großen Unternehmen gilt, obwohl viele Frauen gerade auch in Unternehmen mit weniger Beschäftigten – wie zum Beispiel im Einzelhandel – arbeiten. Und dem Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz stehen überschuldete Kommunen entgegen – Doch während es nun eine Grundgesetzänderung gab, die es dem Bund erlaubt in den Ganztagsausbau zu investieren, warten die Städte und Gemeinden immer noch auf einen dringend benötigten Entschuldungsfond. Nur so entstünde rein praktisch echte Wahlfreiheit.

Desweiteren brauchen wir im Steuerrecht eine Umwandlung des Ehegatten- zum Familiensplitting, bessere Unterstützung für Hebammen und Entbindungspfleger, mehr Kinderkrankentage – nämlich soviele wie die Kinder krank sind – und generell eine bessere Wohnungs- und Sozialpolitik. Damit Familien jederzeit finanziell abgesichert sind.

 

Gleichberechtigung kann man wählen

Auch die Gewerkschaften haben sich dem Thema Gleichberechtigung zuletzt immer stärker angenommen. Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgeleich, wenn die Automatisierung solche Einsparkungen ermöglicht und die Wahl-Modelle, die bei den jüngsten Tarifverhandlungen zum Beispiel Bahn Einzug erhalten haben, lassen die Beschäftigten wählen: Mehr Geld, weniger Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich oder zusätzliche Urlaubstage, schaffen moderne, zeitgemäßere und flexibelere Arbeitszeitmodelle – Auch im Sinne der Mütter, da die gesellscahftliche Akzeptanz von weniger Arbeitszeit so steigt.

Zur Europawahl 2019 hat die SPD das Thema Gleichstellung darüber hinaus zu einem Kernthema erklärt und sie gibt durchaus wichtige und strukturelle Antworten auf die im Text genannten Fragestellungen. So fordert sie unter anderem den gleichen Lohn für gleiche – aber auch für gleichwertige Arbeit. Die schlechtere Bezahlung von Frauen gegenüber Männern für gleichwertige Arbeit lässt sich mit dem CW-Index bestimmen: So zeigt der CW-Index beispielsweise, dass Pflegekräfte (Frauenanteil 89 Prozent) ein gleiches Anforderungsniveau wie z.B. Ingenieur*innen der Elektrotechnik (Frauenanteil 8 Prozent) aufweisen – aber nur 40 Prozent des Stundenlohns erhalten. Wir brauchen also eine starke finanzielle Aufwertung von Berufen mit hohem Frauenanteil, zum Beispiel ganz konkret auch für Erzieher*innen. Mit dem Lohntransaprenzgesetz wird zudem gegen die ungleiche Bezahlung von gleicher Arbeit vorgegangen. So kann auch verhindert werden, dass Mütter, wenn sie eine Zeit lang nicht am Berufsleben teilgenommen haben, bei ihrer Rückkehr ausgebeutet werden. Und auch mit dem Rechtsanspruch auf Home Office hat die SPD einen wichtigen Punkt benannt.

Die SPD will außerdem in ganz Europa eine Quote für Aufsichtsräte einführen. Und auch in der Politik etwas was tun: Deshalb besetzt sie ihre nationale und europäische Wahllisten mit genauso viel Frauen wie Männern. Und in der EU-Kommission sollen ebenso viele Kommissarinnen Verantwortung tragen wie Kommissare. Damit wird die Sichtbarkeit von Frauen erhöht und gesellschaftliche Verfahrenheiten aufgewickelt.

Kurzum: Wir brauchen neben praktischer Politik auch ein gesellschaftliches Umdenken. Und nicht nur Lippenbekenntnisse am Weltfrauen- und Blumen am Muttertag. Und dazu gehört es neben dem Gebastelten für Mama auch lautstark für ihre Rechte einzutreten.