Happy Birthday, Pflegeversicherung – Jan Bühlbecker: Den Versicherten zum 25. Geburtstag eine solidarische Weiterentwicklung schenken

Gute Pflege kostet. Aber nicht jede*r kann sich aber so eine Versorgung leisten. Um die Betroffenen zu entlasten und die Versorgung solidarischer zu finanzieren, wurde vor 25 Jahren die Pflegeversicherung beschlossen.

Die Arbeitgeber*innen sprachen bei ihrer Einführung von der „größten Torheit der letzten Jahrzehnte“: Heute vor 25 Jahren, am 22. April 1994, beschloss der Bundestag, die Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherungen neben Renten-, Arbeitslosen-, Unfall- und Krankenversicherung einzuführen. Am 1. Januar 1995 trat sie in Kraft. Mit der SPD und gegen den Widerstand des damaligen Koalitionspartners FDP setzte CDU-Sozialminister Norbert Blüm durch, dass die Versicherung von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen paritätisch finanziert wird.

 

Die größte Torheit funktioniert: Die Pflegeversicherung ist etabliert

Heute sind 71 Millionen Bundesbürger*innen sind dank der Pflegeversicherung abgesichert. 3,3 Millionen Menschen erhalten derzeit Leistungen, ein dichtes Netz aus ambulanten Diensten, Infrastruktur für Tagespflege und Hilfen für pflegende Angehörige sowie von Heimen ist entstanden. Die meisten Leistungsempfänger, rund 2,5 Millionen, werden ambulant versorgt. Stationär gepflegt werden rund 800.000 Menschen. Rund 2,3 Mio. Menschen pflegen überdies ihre Angehörigen; 70 Prozent davon sind Frauen. Mit einem Anteil von 85 Prozent stellen Frauen auch die Mehrheit an den aktuell gut 1,15 Mio. Personen, die bei ambulanten Pflegediensten und in Pflegeheimen arbeiten.

Die Versicherungsbeiträge stiegen zuletzt stetig an, weil unsere Gesellschaft älter und damit auch pflegebedürftiger wird und immer mehr Leistungen von der Pflegeversicherung abgedeckt werden müssen. Aktuell liegen liegen sie bei Einzahler*innen mit Kindern 3,05 Prozent beziehungsweise bei Kinderlosen bei 3,3 Prozent vom versicherungspflichtigen Einkommen. Hinzu kommt der Eigenanteil, der auch von den Angehörigen bei einer Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung zu zahlen ist.

So wegweisend die Einführung der Pflegeversicherung also war, so notwendig ist nun ihre Weiterentwicklung: Mehr Solidaritä, mehr Leistungen und mehr Sicherheit für die Beschäftigten. Die SPD hat hierfür Anfang des Monats ein weitreichendes Konzept vorgelegt.

 

Den Pflegeberuf attraktiver machen

Darin fordert die SPD eine bessere Qualität in der Pflege, mehr Personal durch angepasste Personalschlüssel und höhere Löhne für die Beschäftigten. Um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, unterstütze die SPD derzeit alle Anstrengungen, gemeinsam mit den Sozialpartnern tarifliche Mindestbedingungen zu erreichen und setzt sich dafür ein, dass Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Zudem soll der Mindestlohn erhöht und sichergestellt werden, dass alle Pflegekräfte entsprechend ihrer Qualifikation – also unabhänig von Herkunft und Geschlecht – gleich bezahlt werden. Nur durch diese Form der Anerkennung kann sichergestellt werden, dass der Bedarf an Pflegekräften gedeckt werden kann und diejenigen, die unsere Lieben pflegen, davon auch gut und respektiert leben können. Außerdem gehen wir so einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung der Geschlechter. Doch mehr Personal und bessere Bezahlung bedeuten auch, dass mehr Geld für eine bessere Pflege notwendig ist.

 

Eigenanteil der Pflegebedürftigen begrenzen

Die höheren Kosten sollen aber nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen und ihrer Familien gehen. Derzeit seien die Eigenanteile zu den eigentlichen Pflegekosten im Pflegeheim regional sehr unterschiedlich und liegen durchschnittlich bei 618 Euro monatlich. Künftig sollen jedoch nicht die Leistungen der Pflegeversicherung, sondern die Eigenanteile der Pflegebedürftigen begrenzt werden. Keine zu pflegende Person und kein*e Angehörige*r sollen wegen ihrer Pflege in finanzielle Not geraten können. Dafür werden wir das System vom Kopf auf die Füße stellen, den Menschen, der Pflege bedarf, in den Mittelpunkt unserer Überlegungen rücken und ihm die Sicherheit geben, von der Solidargemeinschaft aufgefangen zu werden.

 

Zeit für eine echte Bürgerversicherung

Finanziert werden sollen die künftigen Kostensteigerungen über einen Mix aus moderat steigenden Beiträgen und einem dynamischen Bundeszuschuss. Für die Finanzierung schlägt die SPD eine Reihe von Maßnahmen vor: So soll beispielsweise Pflege, die nur aus medizinischen Gründen erfolgt, künftig von der Krankenversicherung bezahlt werden. Auch soll die Pflegeversicherung mit einem Steuerzuschuss zusätzlich finanziert werden.

Und: Statt einem Nebeneinander von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung will die SPD eine Bürgerversicherung einführen. Wir haben gleiche Leitungen in der Pflegeversicherung, aber keinen Finanzausgleich zwischen beiden Säulen: Derzeit liegen 35 Mrd. Euro als Rücklage in der privaten Pflegeversicherung. Das bedeutet, im System ist ausreichend Geld, um Kosten am Ende auch solidarisch finanzieren zu können, wenn wir private und gesetzliche Versicherung zur Bürgersicherung zusammenführen. Das ist gelebte Solidarität!

 

Happy Birthday, Pflegeversicherung!

Für mich ist klar: Die von der SPD vorgeschlagene Weiterentwicklung der Pflegeversicherung wäre das beste Geschenk für die Versicherten, heutige Pflegebedürftige und jüngere Menschen, die erst in Zukunft auf Pflege angewiesen sein werden. Dabei baut der Vorschlag auf das auf, was sich in den letzten 25 Jahren bewehrt hat: Eine paritätisch von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen finanzierte Sozialversicherung, abgesichert durch Steuermittel und zielgerichtet in der Mittelverwendung.

Die Solidarität im System würde aber spürbar erhöht: Zum einen weil Besser- und Schlechterverdienende gleich versichert würden, die Krankenkassen angemessen beteiligt wären und zum anderen weil diejenigen, die beruflich Verantwortung für andere übernehmen, dafür endlich angemessen vergütet würden. Gerade letzteres hat die SPD bereits im Koalitionsvertrag mit CDU und CSU durchgesetzt, da wie auch bei den anderen Punkten gilt es für die Union nun: Ein Beispiel an Norbert Blüm nehmen und Verbesserungen mit der SPD endlich möglich machen! Denn Pflege geht uns alle an.