Für 96 Prozent der jungen Frauen ist gleiche Bezahlung und wirtschaftliche Unabhängigkeit ein wichtiger Faktor im eigenen Leben – das zeigt eine FES-Studie aus dem Jahr 2016. Doch ein Drittel der erwerbstätigen Frauen kann aus ihrem eigenen Einkommen nicht einmal den unmittelbaren Bedarf für Miete, Lebensmittel, Versicherungen und Freizeitbeschäftigungen decken. Zwei Drittel verdienen nicht genug, um mit ihrem Einkommen Phasen der Nichterwerbstätigkeit abzudecken. Kurz gesagt: Sie haben keine langfristige Existenzsicherung.
Equal Pay Day – Was ist denn das?
Auch am 18. März 2019 müssen wir wieder den Equal Pay Day begehen. Denn auch 2019 verdienen Frauen in Deutschland immer noch 21 Prozent weniger als Männer. Deutschland ist damit eines der Schlusslichter im europäischen Vergleich. Auch dieses Jahr markiert der Equal Pay Day wieder symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten – während Männer schon ab dem 1. Januar bezahlt werden. Die Entgeltlücke wird berechnet, indem die Einkommen aller erwerbstätigen Frauen mit denen aller erwerbstätigen Männer verglichen werden. Sie wird als Gender Pay Gab bezeichnet.
Häufig brüchigere Erwerbsarbeit, mehr unbezahlte Care Arbeit und Segreation: Frauen sind im Beruf noch immer benachteiligt!
Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger familienbedingt als Männer – so nimmt nur ein Drittel der Väter überhaupt Elternzeit. Hinzu kommt, dass zwar immer mehr Frauen in einem Beschäftigungsverhältnis sind, die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet jedoch in Teilzeit – größtenteils unfreiwillig (bei den Männern arbeiten dagegen nur rund 10 Prozent in Teilzeit).
Hinzu kommt ein Gender Time Gap: Nach einer aktuellen Studie des DIW werden 52% mehr unbezahlter Pflege-, Erziehungs- und Betreuungstätigkeiten von den weiblichen Mitliedern unserer gesellschaft übernommen (Gender Care Gap). Außerdem leisten Frauen wesentlich mehr Hausarbeit. Daraus folgt: Frauen haben durchschnittlich 8,7 Stunden weniger Zeit pro Woche zur freien Verfügung.
Desweiteren verteilen sich Frauen und Männer neben der vertikalen Segregation – Stichwort gläserne Decke und weniger Frauen in Führungspositionen – auch „horizontal“ auf unterschiedliche Berufe: Als frauendominierte Berufe werden Berufsfelder bezeichnet, bei denen der Frauenanteil bei mehr als 70 Prozent liegt. Männerdominierte Berufe weisen dagegen einen Frauenanteil von unter 30 Prozent auf. Dabei sind frauendominierte Berufe – zum Beispiel in der Pflege oder der Reinigungsbranche – oft schlechter bezahlt, schlechter mitbestimmt und gesellschaftlich weniger anerkannt. Aus all diesen Punkten ergibt sich die Lohnlücke von 21%.
Gender Pay Gab: Eine Ungerechtigkeit die unbedingt beendet werden muss!
Spannend wird es, wenn man auf den „Comparable Worth Index“ (CW-Index) blickt. Ein wissenschaftliches Instrument, mit dem Arbeitsanforderungen und -belastungen in unterschiedlichen Berufen verglichen und die jeweilige Arbeitsschwierigkeit der Tätigkeiten in Form von Punkten gemessen wird. Dieser verdeutlich die Ungleichbehandlung der Geschlechter in der Arbeitswelt: So zeigt der Index beispielsweise, dass Pflegekräfte (Frauenanteil 89 Prozent) ein gleiches Anforderungsniveau wie z.B. Ingenieur*innen der Elektrotechnik (Frauenanteil 8 Prozent) aufweisen – aber nur 40 Prozent des Stundenlohns erhalten. Wir brauchen also eine monetäre Aufwertung der typisch weiblichen Berufe auf Basis des CW-Indexes – Sprich: Deutliche Gehaltserhöhungen für Pflegekräfte, Erzieher*innen oder Reinigungskräfte! Durchgesetzt durch verpflichtende Branchenmindestlöhne, weil nur das eine echte Wahlfreiheit für Familien, wie sie sich Erwerbs-t und Hausarbeit aufteilen, schafft.
Dazu gilt es die Verinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu stärken. Beispielsweise muss die Brückenteilzeit, welche die SPD gegen CDU und CSU durchgesetzt hat ausgebaut und die Elternzeit für beide Elternteile attraktiver gemacht werden. Und auch mit dem Rechtsanspruch auf Home Office hat die SPD einen wichtigen Punkt benannt. Desweiteren muss die bislang unbezahlte Care Arbeit stärker anerkannt und aufgewertet werden: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat zum Beispiel vorgeschlagen, diese für die Grundrente anerkennen zu wollen.
Außerdem verdienen Frauen*, die die selbe Berufsausbildung, ja, den selben Lebenslauf haben wie ihre männlichen Kollegen durchschnittlich noch 6% weniger. Hier ist mit einem Lohnentgelttransparenzgesetz ein erster Schritt gegangen, doch die volle Gleichbehandlung muss her – unbürokratisch und verlässlich.
Denn es ist im Jahr 2019 nicht mehr hinzunehmen, dass zwei von drei Frauen trotz ihrer Berufstätigkeit noch keine wirtschaftliche Unabhänigkeit haben, dass Berufe, die zumeist von Frauen ausgeübt werden, schlechter bezahlt werden als vergleichbare männlich-dominierte Berufe und dass selbst die Frauen, die sich in vermeintlichen Männer-Berufen durchsetzen, dort schlechter bezahlt werden. Darum: Für die Schließung des Gender Time Gaps, für die Schließung des Gender Care Gaps und einen Equal Pay Day am ersten Januar eines jeden Jahres!