„Wir brauchen klare Regeln für die digitale Gesellschaft“, lautet kurz und knapp die Antwort von Bundesjustizministerin Katarina Barley. „Dazu zählt für mich auch die kritische Überprüfung von Marktmachtkonzentration“, sagte die SPD-Politikerin dem Handelsblatt. In Anbetracht von Quantencomputer, Big Data, 5G, Blockchain und KI ist es laut Barley nun an der Zeit, politische Antworten zu geben: „Dabei müssen wir Datenschutz und Datenethik als Standortvorteile Deutschlands und Europas bei der Entwicklung und Anwendung von Technologie verstehen“, betonte die Ministerin. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Datenethikkommission, ein Gremium mit 16 Mitgliedern aus den Bereichen Medizin, Recht, Informatik, Statistik, Volks- und Betriebswirtschaft, Theologie, Ethik und Journalismus, das kürzlich seine Arbeit aufgenommen hat.
Ein digitales Wettbewerbsrecht statt weitere Monopolbildung
Für den stellvertretenden Vorsitzenden der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld, Jan Bühlbecker, steht fest, dass es Zeit ist, die Digitalisiserung politisch zu gestalten: „Der technische Fortschritt ist kein Selbstzweck, sondern muss zu einem gesellschaftlichen Fortschritt werden, an dem alle Bürger*innen – auch wir Nachbar*innen in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld – partizipieren. Das Credo lautet daher nicht: ‚Digitalisierung first, bedenken second‘, sondern Erhalt und Ausbau der Demokratie, neue Zugängsmöglichkeiten in der Wirtschaft und mehr Wohlstand für alle. Dafür braucht es unter anderem eine europaweit einheitliche und vor allem faire Besteuerung von Digitalunternehmen.“ Dass der Vorstoß Katarina Barleys politisch positiv kommentiert wird aber große Digitalunternehmen Kritik äußern, bewertet der SPD-Kommunalpolitiker dabei positiv: „Der technische Fortschritt wird eine neue gesellschaftliche Revolution. Und eine Partei, die den demokratischen Sozialismus als gesellschaftliches Ziel ansieht, darf sich dabei gerne mit den überprivelligierten anlegen.“
Großen Tech-Konzernen wie Google und Facebook darf dabei nicht das Feld überlassen werden. Jan Bühlbecker: „Wir müssen unseren ordnungspolitischen Rahmen hinterfragen, um einen fairen Wettbewerb im digitalen Zeitalter sicherzustellen. Es gilt, das Wettbewerbsrecht anpassen um Marktmachtmissbrauch zu verhindern, insbesondere von Plattformunternehmen. Aber auch die Möglichkeit User*innen-Daten anonymisiert auch kleineren Unternehmen zu ihrer Entwicklung zugänglich zu machen, kann ein wesentlicher Aspekt einer neuen Digitalpolitik sein. Dafür brauchen wir eine Art digitalen Beipackzettel, eine qualitative Algorithmen-Transparenz.“ Zu einem modernen Wettbewerbsrecht gehört für Jan Bühlbecker aber auch die Möglichkeit des Staates selbst digitale Infrastruktur auszubauen statt die Ausbauung an private Unternehmen ausschreiben zu müssen: „Andernfalls verzögert sich die gute Anbindung der ländlichen Regionen weiter. Doch dabei handelt es sich eben nicht um Milchkannen-Politik, wie es CDU-Politikerin Anja Karliczek genannt hat, sondern um die Sicherung gleichwertiger Teilhabeperspektiven für alle Menschen unabhänig von ihrem Wohnort.“
„Mit der DSGVO haben wir außerdem die Grundlage für einen starken und modernen Datenschutz geschaffen“, so Bühlbecker, der auch Mitglied des netzpolitischen Think-Thanks D64 ist, weiter. Dieser müsse nun ausgeweitet und transparenter gemacht werden. Was sich hingegen nicht wiederholen dürfe, sei eine Teil-Auslagerung staatlicher Hoheitsrechte an private Unternehmen: „Hier brauchen wir eine Korrektur des Netzwerkdurchsuchungsgesetzes, die Plattformbetreiber*innen in die Pflicht nimmt, auch strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten.“
Klare Regeln für social Bots und künstliche Intelligenz sollten schon 2019 beschlossen werden
Es braucht darüberhinaus in Politik und Gesellschaft ein Bewusstsein dafür, dass soziale Netze für Agitation und Manipulationsversuche missbraucht werden: „Wer social Bots einsetzt, sollte gesetzlich verpflichtet werden, sie auch zu kennzeichnen, damit die Nutzer*innen sozialer Netzwerke wissen, mit wem sie es zu tun haben. Denn Jede*r hat das Recht zu wissen, ob man mit einem Menschen oder einer Maschine kommuniziert. Das gilt auch für Unternehmen, die Kundenfragen automatisiert beantworteten. Andernfalls braucht es Mittel zur empfindlichen Sanktionierung. So kann Transparenz in der Debatte sichergesetellt werden – Ein wichtiger Faktor zur Erhaltung unserer Demokratie“, stellt Jan Bühlbecker klar. Hierauf hat sich die Bundesregierung bereits kurz vor Weihnachten grundsätzlich verständigt.
Durch die Veröffentlichung der Testdaten und -ergebnisse in der Algorithmen-Entwicklung, lassen sich außerdem Entscheidungen nachvollziehen, qualitativ bewerten und eventuell diskriminierende Faktoren entdecken. Für den stellvertretenden Vorsitzenden der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld ist allerdings klar, dass das nicht reicht: „Wir brauchen gesetzliche Vorgaben für Testdaten zur KI-Entwicklung. Denn wenn Algorithmen auf der Basis von Statistiken lernen, lernen sie auf der Basis einer an vielen Stellen diskriminierenden Realität. Testdaten müssen deswegen von diskriminierenden Faktoren wie Lohndumping bei Frauen* oder Menschen mit Migrationshintergrund bereinigt werden. Damit leisten wir auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Mehrfach-Diskriminierung.“ Auch das könne bereits im Jahr 2019 angegangen werden.
Jan Bühlbecker: Technischer Fortschritt muss zum gesellschaftlichen Fortschritt werden
Abschließend stellt Jan Bühlbecker fest: „Die Digitalisierung hat neben der wirtschaftlichen Ebene auch eine gesellschaftliche. Neben einer fairen Digitalsteuer und einem modernen Wettbewerbsrecht braucht es deswegen auch die gesellschaftspolitischen Eingriffe. Klar ist: Mit alledem dürfen wir keine Zeit verlieren. Aber klar ist auch: Gelingt uns das, wird aus technischen Fortschritt auch gesellschaftlicher Fortschritt werden!“