Mit über 3.000 Genoss*innen diskutierte die SPD am Wochenende im Funkhaus Berlin ihre Zukunft: Neben spannenden Impulsen wie zum Beispiel vom portugisischen Ministerpräsidenten Antonio Costa oder seinem griechischen Amtskollegen Alexis Tsipras, diskutierte die SPD über Umwelt- und Bildungspolitik, über gesellschaftliche Fragestellungen und über solidarische Antworten auf den digitalen Kapitalismus. Dabei ging es auch um die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme und die Frage: Was kommt nach Hartz IV.
An der unter anderem von der sächsischen Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe (Foto oben) geteamten Debatte nahm auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD in Wattenscheid-Mitte und Westenfeld, Jan Bühlbecker, teil: „Hartz IV ist ein hochemotionales Thema, weil es viele Menschen von zwei Seiten heraus bewegt: Die, die mit Hartz IV leben müssen und spüren wie die Arbeitslosengeld 2 ihre gesellschaftliche Teilhabe beschneidet und die, die – vor allem wegen der ungerechten Schonbeiträgen und dem Sanktionssystem – Angst davor haben, einmal auf Hartz IV angewiesen zu sein. Es ist also klar: Wir müssen Hartz IV überwinden!“ In seinem Redebeitrag schlug Bühlbecker deswegen ein Nachfolge-Quartett vor – Die Überschrift: „Sanktionsfreiheit und Teilhabe!“
1. Eine Sanktionsfreie Grundsicherung
An die Stelle von Hartz IV muss eine Grundsicherung treten, die sich am sozio-kulturellem Existenzminimum richtet – Also auch kulturelle und soziale Bedürfnisse stärker berücksichtigt. Diese muss allen Bürger*innen garantiert werden, Sanktionen, wie wir sie von Hartz IV kennen, gebe es nicht mehr. Zudem muss sich die Grundsicherung stärker nach der bisherigen Arbeitsdauer richten. Es ist eine große Ungerechtigkeit, dass auch alles an Ersparnissen weggenommen wird. Dies verschärft nämlich die Altersarmut. Und man darf den Menschen nicht länger die Motivation nehmen, selber vorzusorgen. Ein zweiter Baustein unter diesem Punkt ist die Einführung einer Kindergrundsicherung. Denn alle Kinder haben die selben Rechte, kein Kind ist beispielsweise arbeitslos. Wir brauchen also dieses Grundsicherungstandem.
2. Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle
Mit den Einstieg in den sozialen Arbeitsmarkt hat die Bundesregierung ebenso wie das Land Berlin, das im nächsten Jahr das solidarische Grundeinkommen testet, einen ersten Einstieg in ein wichtiges neues arbeitspolitisches Versprechen gewagt: Arbeit – statt Maßnahmen – für alle! Politisch gilt es den sozialen Arbeitsmarkt ausbauen, denn er muss allen, die schon länger nach Arbeit suchen, das Angebot machen, eine Arbeitsstelle zu bekommen und nach Tarif bezahlt zu werden. Gleichzeitig wird mit dem solidarischen Grundienkommen zum einen für Carearbeit, die keine klassische Erwerbsarbeit ist und zum anderen für Begleittätigkeiten rund ums Ehrenamt so vergütet, dass zum einen der aktuelle Lebensunterhalt verdient werden kann und zum anderen auch Rentenansprüche erworben werden. Denn: Arbeit ermöglicht konkrete gesellschaftliche Teilhabe und die Art wie wir als Gesellschaft mit Arbeit umgehen, definiert unser Zusammenleben fundamental.
3. Bestehende Arbeitsplätze verbessern
Wenn wir über Teilhabe am Arbeitsleben reden, müssen wir auch darüber reden, dass die SPD zurück an die Seite der Gewerkschaften muss und mit ihnen darum kämpfen muss, dass Arbeitsstellen zum einen überhaupt und zum anderen zeitgemäß erhalten bleiben. Durch die Digitalisierung und die damit verbundene Automatisierung vieler Arbeitsbereiche steigt die Produktivität. Bislang profitiert davon nur eine Seite: Die Arbeitgeber*innen. Wir brauchen deswegen auch hier ein Maßnahmentandem bestehend aus der radikalen Arbeitszeitverkürzung auf eine 30 Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich und der Einführung einer Robotersteuer. So blieben die Arbeitsstellen und Arbeitnehmer*innen erhielten gleichzeitig mehr Geld und Zeit für ein selbstbestimmtes Leben.
4. Bildungsklassismus überwinden und Qualifizierung fördern
Hartz IV wird oft vererbt. Ein Grund: Unser Bildungssystem ist so aufgebaut, dass es Kinder aus Bildungseliten deutlich besser stellt als Kindern aus Familien, die ihrerseits nicht über das höchste Bildungsnievau verfügen. Das steht übrigens auch einer gelingenden Integration entgegen. Wir brauchen deswegen eine Schule für alle Kinder.
Und wir müssen das lebenslange Lernen endlich angemessen fördern. Mit dem Chancenkonto und stetigen Bildungsförderpakenten hat die SPD hierzu klare Vorstellungen und auch bereits Fortschritte erreicht. Auch das ist wichtig, um Arbeitnehmer*innen so zu qualifizieren, dass sie mit den wachsenden Anforderungen mitwachsen und so für die Unternehmen herausragend wertvoll bleiben.
Jan Bühlbecker: „Sagen, wie wir es tun“
Jan Bühlbecker blickt deswegen zufriden auf das Debattencamp zurück: „Mit diesem Maßnahmenquartett würden wir einen echten Sozialstart bis zum Jahr 2025 wagen können: Wir engagierten uns dafür, dass bestehende Arbeitsplätze blieben, böten gleichzeitig jedem an, Arbeit zu finden und würden auch denen, die nicht arbeiten können oder wollen das Versprechen geben, an unserer Gesellschaft teilhaben zu können. Mit diesem Nachfolge-Quartett habe ich beim Debattencamp einen Nerv getroffen – Das zeigten viele ähnliche Redebeiträge. Die Vorschläge liegen in der SPD jetzt auf dem Tisch. Wir können nun also endlich sagen, dass wir nicht nur Hartz IV überwinden wollen, sondern auch, wie wir es tun. Und das wurde auch wirklich Zeit!“